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1840 veröffentlichte Wilhelm Schröder, geboren 1808 in Oldendorf bei
Stade, im "Hannoverschen Volksblatt" erstmals das Märchen "Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel auf der kleinen Heide bei Buxtehude" in niederdeutscher Sprache. Er hatte diese Geschichte, deren Ursprung schon im 17. Jahrhundert zu vermuten ist, in Bexhövede (in der Nähe von Bremerhaven), dem Wohnort seines Großvaters, des Amtsvogtes Wilhelm Krone, im Dorfkrug von einem alten Jäger gehört. Aber auch der Pastor im Dorf soll sie ihm erzählt haben. Den Austragungsort des sagenhaften Wettlaufs hat er letztlich jedoch nach Buxtehude verlegt. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt.
Unter der Nummer 187 wurde die Geschichte 1843 von den Brüdern Jakob und Wilhelm Grimm in die 5. Auflage der Kinder- und Hausmärchen aufgenommen.
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Es war an einem Sonntagmorgen im Herbst, und der Buchweizen
blühte. Die Sonne war strahlend am Himmel aufgegangen, der Morgenwind strich warm über die Stoppeln, die Lerchen sangen
in der Luft, im Buchweizen summten die Bienen. Die Leute gingen in ihren schönsten Sonntagskleidern zur Kirche. Alles war lebte
war vergnügt - und der Igel auch.
Der Igel stand vor seiner Tür, hatte die Arme übereinander geschlagen, guckte dabei in den Morgenwind hinaus und trällerte
ein Liedchen vor sich hin, so gut und so schlecht, wie es eben ein Igel am Sonntagmorgen konnte. Wie er nun so halblaut vor
sich hinsang, fiel ihm auf einmal ein: "Solang meine Frau die Kinder wäscht und anzieht, kann ich ja ein bißchen im Feld
spazieren gehen und mal sehen, wie meine Steckrüben wachsen". Die Steckrüben standen ganz nah bei seinem Haus, und weil
er mit seiner Familie oft von ihnen aß, hielt er sie auch für seine
eigenen.
Gesagt - getan. Der Igel schloß die Haustür hinter sich und machte
sich auf den Weg zum Feld. Er war noch nicht weit gegangen und wollte gerade um den Schlehenbusch zum Steckrübenacker
hinaufbiegen, da begegnete ihm der Hase. Der war wegen ähnlicher Geschäfte ausgegangen und wollte
seinen Kohl besehen. Als der Igel ihn erblickte, wünschte er ihm einen freundlichen Morgen. Der
Hase aber, der ein vornehmer Hase war und furchtbar hochnäsig dazu, erwiderte nicht den
freundlichen Gruß des Igels, sondern sagte eingebildet voller Hohn: "Was läufst du denn hier am frühen Morgen im Feld
herum ?" "Ich gehe spazieren", erwiderte der Igel. "Spazieren ?" lachte der Hase. "Ich finde, du solltest die Beine zu besseren
Dingen benutzen".
Über diese Antwort ärgerte sich der Igel sehr. Er konnte alles vertragen, aber auf seine Beine ließ er nichts kommen, weil
Igelbeine nämlich von Natur krumm sind.
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